top of page

Die Kinder der Paten

Die Camorra terrorisiert wieder Neapel, und zwar mit neuer, unberechenbarer Gewalt. Schuld daran ist der Nachwuchs der inhaftierten Bosse. Er spielt die Fernsehserie «Gomorrha» nach, nur eben real.

Es war wohl kein gezielter Schuss, der ihn traf, keine Hinrichtung im klassischen Stil der Camorra, der örtlichen Mafia. Gennaro Cesarano, den alle nur Genny riefen, starb in einem Kugelhagel an ­einem warmen Sonntagmorgen vor sechs Wochen um 4.50 Uhr. Gleich vor der Kirche im Rione Sanità, einem armen Viertel im Zentrum Neapels, 5 Quadratkilometer groß, 70'000 Einwohner. So dicht besiedelt wie kaum ein anderer Ort in Europa. Und so verrufen.

Genny war nicht allein unterwegs. An Wochenenden hängt die Jugend der Sanità immer in großer Zahl auf der Piazza vor der Basilica di Santa Maria della Sanità mit ihren berühmten Katakomben ab. Ein schöner, runder, vernachlässigter Platz. Gras sprießt aus den Ritzen der Trottoirs, Abfall verstellt den Weg. Auf jeder Seite gehen schmale, dunkle Gassen weg, über denen Wäsche zum Trocknen hängt. Aus den «Bassi», den Wohnungen im Erdgeschoss, dringen Stimmen aus viel zu ­lauten Fernsehgeräten, aus Talkshows und Quiz­-Sendungen, denen niemand zuhört, sie plätschern einfach mit im Sound des Quartiers. Die Jungen spielen Fußball auf der Piazza, rauchen, trinken, flirten bis spät in die Nacht, bis ganz früh eben.

Die Sequenz der Gewalt dauerte nur einige ­Sekunden. Das Kommando kam auf fünf frisierten Mofas, alle doppelt besetzt, zehn Männer insgesamt, es bog aus einer der Seitengassen auf die Via Sanità, die sich in einer Schleife um den Kirchplatz windet. Die Schüsse fielen in schneller Folge, 20, 30. Salven auf Mannshöhe.

«Sie hörten sich wie Böller an, laut und hallend», sagt Pater Alex Zanotelli, die gute Seele im Viertel, ein bekannter Missionar und Sozialarbeiter, der in einer kleinen Wohnung im Kirchturm lebt, «ich dachte an nichts Böses.» Die Camorra feiere ja ­immer mit Böllern. Zum Beispiel dann, wenn einer der Ihren aus der Haft entlassen wird oder wenn eine große Drogenlieferung kommt. «Böller sind Signale, laute Botschaften.» Daran gewöhne man sich bald. Zanotelli ist 77, ein kleiner, drahtiger Mann, der schon viel erlebt hat. Bevor er nach ­Neapel kam, hatte er zwölf Jahre lang in einem Slum in Nairobi gelebt. Er schlief also weiter, bis man ihn weckte. Der Pater sollte die Messe halten. Nicht drinnen in der Kirche, sondern draußen auf der vollen, trauernden Piazza.

Genny, so viel weiss man, wurde am Rücken ­getroffen. Er wollte fliehen. Die Kugel durchdrang sein Herz. Er war sofort tot. Polizei war wieder keine da. Die Überwachungskamera am Platz lief nicht. Sie ist schon lang defekt. Die Berichte der Augenzeugen fielen karg aus. So wie immer. Das Gesetz des Schweigens, die Omertà, legt sich wie eine Decke über Blut und Tod, wie ein Leichentuch. Die Angst schließt die Herzen. Genny, sagen die Freunde, sei ein «bravo ragazzo» gewesen, ein guter Junge. «Uno di noi», ­einer von uns. Kein Dealer, kein Camorrista, kein Rivale seiner Mörder, wie es die Polizei gern dargestellt hätte. Er hatte den Kopf wieder beisammen, sagt sein Vater, nachdem er einige Dummheiten be­gangen hatte: einen Überfall, einen Streit mit einem Beamten. Genny hatte die Kurve wieder gekriegt, ging in eine Hotelfachschule. Die Direktorin spricht nur gut über ihn. Er half auch in einer wohltätigen Organisation mit, die sich um Kinder in Not bemüht. «Er hatte tausend Leidenschaften», sagt der Vater am Fernsehen. Dann weint er.

Man wird wohl nie erfahren, wie es genau war. Ob Genny ein zufälliges Opfer war, ein Kollateralschaden. Oder vielleicht doch die Zielscheibe. Wichtig ist die Frage ohnehin nicht, sie ist tragisch obsolet. Mit siebzehn stirbt man nicht. Schon gar nicht als «morto sparato», als «erschossener ­Toter», wie sie in Neapel sagen, um natürliche von gewaltsamen Todesfällen zu unterscheiden.

Für die Statis­tik. Und für die Cronaca nera, die Rubrik mit den Kriminalfällen in den Zeitungen. Mit siebzehn ­Jahren träumt man davon, Pizzaiolo zu werden. Mindestens.

Neapel hat schon viele dunkle Dramen erlebt. Doch der Tod dieses Jungen ist besonders schwer erträglich. «Eine Tragödie», sagt die Barfrau im Cafè del Principe am Platz und senkt die Stimme, nachdem sie eben noch laut über Fußball referiert hat. «Er war so jung, ein Kind noch.»

An vielen Mauern Neapels hängt nun die ­Losung: «Genny vive», Genny lebt. Meist mit schwarzer Farbe hingesprayt. Es gibt auch T-Shirts, bedruckt mit seinen Fotos. Eines zeigt ihn am Meer, posierend in knielanger Badehose, die er hochgekrempelt hat, wie es Fussballer tun. Und es gibt Hemden mit Sprüchen zur Aufmunterung der Hinterbliebenen: «Ihr schafft es nicht, die Sonne auszulöschen, indem ihr auf uns schießt!!! Genny lebt!!»

Auf der Piazza, genau am Tatort, haben die ­Anwohner einen Olivenbaum gepflanzt, den sie zum Sanktuarium für Genny erweitert haben. Von den Ästen hängen Rosenkränze, auf dem Zaun ­stehen weiße Trauerblumen aus Plastik, dazu sein Name mit Buchstaben aus Luftballons. Ein Mann nähert sich dem improvisierten Schrein, um die 40, Arbeiterhose, bückt sich, berührt mit seiner rechten Hand das Foto von Genny, bekreuzigt sich, macht zwei Schritte zurück, ohne sich dabei umzudrehen, und geht weiter. Dann eine Mutter mit zwei Kindern, gleiche Szene. Die Kinder schauen ihrer Mutter mit fragenden Blicken zu, wie sie vor dem Bild des Jungen das Kreuz schlägt. Genny wird zum Symbol der Verzweiflung, der Niederlage.

Die Camorra terrorisiert die Stadt wieder, wenigs­tens Teile davon. Und sie tut es mit neuer, ­gefährlicher Beliebigkeit. Im Gegensatz zur Cosa Nostra, Siziliens Mafia, die wie eine Pyramide organisiert ist, mit klarer Hierarchie, ist die kampanische Camorra stark fragmentiert, in viele Clans geteilt, chaotisch in ihren Rivalitäten. In Neapel allein zählt sie fünfzig Familien. Und die meisten sind verfeindet. Das machte den Kampf gegen die Camorra immer schon besonders schwierig.

Nun aber, nach einer Serie bemerkenswerter ­Erfolge des Staates, sitzen fast alle alten Bosse im Gefängnis, manche arbeiten als Kronzeugen mit der Justiz zusammen. Und auf den Straßen Neapels liefern sich ihre Söhne, Enkel und Neffen einen brutalen Verdrängungskampf ums Drogengeschäft, schießen sich gegenseitig nieder, im Kampf um ­Piazza für Piazza, Straße für Straße. Die Gebiete werden neu verteilt, die Grenzen neu gezogen.

Betroffen sind die Bezirke Forcella, Traiano, Quartieri Spagnoli und vor allem der Rione Sanità. Man nennt die Banden Babygangs, weil ihre Mitglieder so jung sind, 18 bis 22 Jahre. Die meisten von ihnen stammen aus den bekannten Clans: aus den Familien Savarese, Sequino, Sibillo, Lo Russo, Giuliano, Mazzarella. Sie handeln nicht nach den Regeln ­ihrer Väter, Großväter, Onkel. Die waren zwar auch keine Ehrenmänner, weiss Gott nicht. Doch mit der Zeit kannten die Ermittler ihre Verhaltensmuster, ihre Netze. Sie waren berechenbar.

Genny war siebzehn, als sie ihn töteten. Ein hübscher Junge mit blonden Haaren und sanften ­Gesichtszügen. Er wäre gern Pizzaiolo geworden. In Neapel ist Pizzabäcker ein guter Plan B, wenn sonst nichts gelingt. Ein Ersatztraum.

Schießen üben die Gomorristi auf den ­Dächern, zielen auf Parabolspiegel, auf Autos, auf Fenster. Am liebsten mit Kalaschnikows. Manchmal ziehen sie mit ihren Motorrädern durch die Gassen und ballern wild herum. Warnaktionen sind das, Einschüchterungsoperationen. Im Rione Sanità, so hört man, gibt es sie alle paar Tage. Die Anwohner werfen sich dann reflexartig zu Boden. Seit Jahresbeginn gab es schon über 20 Tote, erschossene Tote. Die Fehde um den Drogenhandel ist so virulent und der Staat so ohnmächtig, dass die linke Bezirksvorsteherin Giuliana di Sarno kürzlich sagte: «Neapel ist wie Bagdad.»

In den sozialen Netzwerken tauchte unlängst ein Bild auf, auf dem man zwei junge Männer mit ­modisch kurz frisierten Haaren und Hipster-Bärten sieht, Sprösslinge der Camorra, die sich auf den Mund küssen. Sie schwören sich so ewiges Schweigen, das Gelübde der Omertà. Das Bild wurde tausendfach geliked. Man sah auch Tattoos mit dem trüben Sinnspruch «Camorra a vita», Camorra auf Lebenszeit, offen zur Schau getragen. Und wenn wieder ein Camorrista umkommt im Rausch der Gewalt, dann prangt auch sein Name bald auf den Mauern. Neben dem von Genny.

Die Gomorristi

Die neue Generation hat andere Codes. Statt ­«Camorristi» nennt man sie auch «Gomorristi». Als spielten sie «Gomorrha» nach, die erfolgreiche, neuerdings auch auf Arte ausgestrahlte italienische TV Serie, die auf dem Bestseller von Roberto ­Saviano basiert. In der Serie ist die Camorra ­dreckig, abstoßend. Sie verzichtet auf jede verquere Romantik, wie man sie aus dem Film «Der Pate» kennt. Es sieht so aus, als diene die Fiktion den ­«Gomorristi» aus der Wirklichkeit als Drehbuch für den Alltag. Sie zelebrieren ihren Todesmut, als würden sie gefilmt. Roh und brutal. Sie wollen sich wohl als Bosse für morgen empfehlen. Auch die ­Serie «Gomorrha» handelt vom Generationenwechsel.

In den sozialen Netzwerken tauchte unlängst ein Bild auf, auf dem man zwei junge Männer mit ­modisch kurz frisierten Haaren und Hipster-Bärten sieht, Sprösslinge der Camorra, die sich auf den Mund küssen. Sie schwören sich so ewiges Schweigen, das Gelübde der Omertà. Das Bild wurde tausendfach geliked. Man sah auch Tattoos mit dem trüben Sinnspruch «Camorra a vita», Camorra auf Lebenszeit, offen zur Schau getragen. Und wenn wieder ein Camorrista umkommt im Rausch der Gewalt, dann prangt auch sein Name bald auf den Mauern. Neben dem von Genny.

Luigi de Magistris (48) ist der Bürgermeister dieser Stadt. Früher war er Staatsanwalt. Er wäre froh, wenn Neapel endlich einen besseren Ruf hätte, in Italien und in der Welt. Wenn man seine Verdienste im Kampf gegen die Korruption würdigen würde. Wenn auch mal anerkannt würde, dass seit einigen Jahren wieder mehr ausländische Touristen in die Stadt kommen. Er lädt in sein Büro im Rathaus, 2. Stock. Ein Bediensteter trägt starken Kaffee auf, schwarz und ohne Schaum. Der Blick geht raus auf den Hafen, aufs Meer. Da vorn liegt Capri im Dunst, links der Vesuv. «Der Vergleich mit Bagdad ist völlig überzogen», sagt de Magistris, «eine Beleidigung für die Iraker, wir sind hier nicht im Krieg.»

Er erträgt es nicht, dass Neapel als unheilbar dargestellt wird, wie das nun wieder der Fall ist, nach dem Mord an Genny. Ausgerechnet die Präsidentin der Anti-Mafia-Kommission im Parlament, Rosy Bindi, sagte, die Camorra sei ein konstitutiver Bestandteil Neapels. «Das verleitet doch zur Resignation», sagt de Magistris, «was soll ein Jugend­licher denken, wenn er hört, die Camorra gehöre einfach zu Neapel, für immer?» Der Ärger ist verständlich, so sehr wie der Fatalismus. Hört man de Magistris zu, wie er von der Stadt spricht, in der er groß wurde, und wie er dabei zusehends in den Dialekt verfällt, also von «Napule», und von der ­«Gamurra» redet, spürt man Liebe und Leid in ­jedem Satz. Als ließe sich Neapel überhaupt nur in dramatischen Gegensätzen denken und fühlen. «Bella e impossibile», sagt de Magistris, schön und unmöglich.

Der kleine Luigi mit den Handschellen

«Neapel gehört zu den fünf, sechs schwierigsten Städten der Welt», sagt er, «Neapel ist groß in ­allem, im Guten wie im Bösen. Hier kann es vorkommen, dass man am helllichten Tag erschossen wird, wie es einem auch in New York oder Buenos Aires passieren kann.» Luigi de Magistris erzählt, wie der ­Kollege Bill de Blasio, der Bürgermeister von New York, bei einem Besuch im Rathaus zu ihm sagte, Neapel sei wohl schwieriger zu regieren als New York.

Seine Wahl vor vier Jahren war eine Sensation. De Magistris wurde von keiner großen Partei ge­tragen, er trat als Vertreter der Zivilgesellschaft an und verließ sich ganz auf sein Charisma, auf sein Talent als Redner, verfeinert in den Gerichtssälen der Republik. Sie nannten ihn «Giggino’ o manetta», der kleine Luigi mit den Handschellen. Die Wahl gewann er aber vor allem deshalb, weil sich die herkömmlichen Politiker, rechte wie linke, als Regierende unmöglich gemacht hatten.

Im besten Fall waren sie unfähig, im weniger guten Fall ­korrupt bis paramafiös. De Magistris löste das Abfallproblem, das der Stadt so viele negative Schlagzeilen eingetragen hatte. Er vertrieb, wie er sagt, das organisierte Verbrechen aus der Verwaltung. Und er legte sich ständig mit Rom an. «Ich regiere diese Stadt ohne Geld», sagt de Magistris. Er ­fordere den Zentralstaat schon lang auf, mehr Polizisten nach Neapel zu entsenden, damit die Obrig­keit sichtbarer würde, die Menschen sich sicherer fühlten. Auch in den schwierigen Vierteln.

Doch erst jetzt, nach Gennys Tod, entsendet der Innenminister 200 zusätzliche Beamte. Für wie lang, ist unklar. Die Überwachungskameras sollen wieder aktiviert werden. Auch Aufklärungsdrohnen sollen nun helfen, den Bandenkrieg zu ver­stehen. Alles etwas spät und scheinbar widerwillig. So sieht es de Magistris: «Wir werden diskriminiert.» Es ist einer seiner Standardsätze. Das Lamento soll auch von seiner Hilflosigkeit ablenken.

Zurück in den Rione Sanità, mit Bus 168. Das Quartier heißt so, weil es hier einst Hospize für Seuchenkranke gab, Lazarette und Sanatorien. Es liegt in einer Talsohle zwischen dem historischen Zentrum und dem Hügel Capodimonte, wo der Winterpalast der Bourbonen steht. Als Napoleon die Stadt regierte, ließ er eine Brücke bauen, die sich über die Sanità wölbt. Ins Viertel, runter ins dichte Labyrinth, gelangt man von der Brücke mit einem gelben Lift. Wie eine Schleuse zwischen oben und unten.

Padre Alex schließt die Augen

Auf der Haustür von Pater Alex Zanotellis Wohnung steht gross «Benvenuti», Willkommen. Er trägt ein grellblaues T-Shirt, auf der Brust ein kleines, weißes Kreuz. Wenn er redet, schließt Padre Alex, wie ihn alle nennen, oft die Augen, als gelänge es ihm so besser, dem Fluss seiner Gedanken zu folgen. «Napoleons Brücke verwandelte das Viertel in eine Enklave, eine Insel, ein Ghetto mitten in der Stadt», sagt er. Die Bewohner aus den reicheren Vierteln, aus dem Vomero etwa, aus Chiaia, Posillipo, kämen nie hier herunter. Die Stadt sei de facto zweigeteilt, und die beiden Teile hätten sich nichts zu sagen. «Sie meiden sich, es ist dramatisch.»

Früher, in Zeiten des Wirtschaftsbooms nach dem Zweiten Weltkrieg, war das kein Problem. Da wurden in den Ateliers der Sanità Schuhe und ­Krawatten gefertigt, auch für große Modehäuser. Es gab Jobs, etwas Wohlstand. Dann aber kam die Konkurrenz aus China auf, die Ateliers schlossen, die Arbeitslosigkeit wuchs. Und der Camorra fiel es leicht, junge Leute zu rekrutieren, die für 500 Euro in der Woche mit Drogen handeln.

Manche geben dafür die Schule auf, und der Staat unternimmt wenig, um das zu verhindern. In der Sanità bricht fast ein Drittel der Jungen die Schule ab. Das ist der zweithöchste Wert in Italien. Im ganzen Viertel gibt es keine einzige Sekundarschule. «Man muss sich das vorstellen», sagt Zanotelli, «bei 70'000 Einwohnern.» In der Sanità gibt es keine städtische Kinderkrippe, keine Not­fall­station im Krankenhaus, keinen Fußballplatz und kaum Polizei. Padre Alex erzählt, er habe mal beim Kommandanten der Stadtpolizei vorgesprochen und eine ständige Patrouille für die Piazza Sanità gefordert: «Er sagte zu mir: ‹Okay, nach den Wahlen schicke ich euch zwei Polizisten, aber nur unter der Bedingung, dass Sie jetzt zum Marschall der Carabinieri gehen und dort zwei Beamte anfordern, die meine Leute dann beschützen werden.›»

Oben, unten. Die Abwesenheit des Staates wird kompensiert durch viele wunderbare, privat finan­zierte soziale Initiativen. Auch das ist Neapel.

Eine der Initiativen spielt auf der Bühne in einer entweihten Kirche aus dem 17. Jahrhundert. 80 Stühle, bezogen mit rotem Samt, ein Foyer mit einer Bar. Das Nuovo Teatro Sanità wird von einem Kollektiv professioneller Regisseure und Schauspieler geführt. Es holt Jugendliche von der Straße, bildet sie aus, inszeniert Stücke für sie, bezahlt ­ihnen das Studium, wenn sie die Schauspielerei zum Beruf machen möchten.

Auch «Gomorrha» wurde hier schon aufgeführt, als Theaterstück, während draussen die «Gomorristi» um sich schossen. Geld vom Staat erhält das Theater nicht, obwohl der Staat überall im Land solche Theater subventioniert. Mario Gelardi, der Direktor, hat mehrmals nachgefragt, wurde aber immer abgewiesen. Er sagt, er müsse sich schon sehr zusammenreißen, dass ihm keine Kraftausdrücke entführen: «Es soll sich nur nie jemand aus dem Kulturministerium erdreisten, sich hier zu ­zeigen.» Das Viertel entwickle Antikörper gegen die Camorra, sagt Gelardi, doch der Staat erkenne die Chance nicht, die sich ihm biete. Geld erhielt das Theater nun von Roberto Saviano, einen vier­stelligen Betrag. Man konnte damit die Kulissen renovieren, einige Requisiten hinzukaufen, die Logen herrichten. Die Bar im Foyer war auch nur dank Savia­nos Geld möglich.

Das Theater ist ein Treffpunkt geworden, eine Fluchtburg, immer offen. Auch Genny wäre hier willkommen gewesen. Mit seinen siebzehn Jahren und tausend Leidenschaften.

StartFragment

StartFragment

StartFragment

EndFragment

EndFragment

StartFragment

StartFragment

EndFragmentEndFragment

EndFragment


Featured Posts
Recent Posts
Search By Tags
Noch keine Tags.
Follow Us
  • Facebook Classic
  • Twitter Classic
  • Google Classic
bottom of page